AGB lesen - aber richtig:
Wie Sie sich Ärger mit dem Kleingedruckten ersparen
Kennen Sie das: "Verdammt, ich bin in einer Abofalle gelandet!" oder "Warum hat mir das vorher keiner gesagt?". Das sind Hilferufe, die uns in regelmässigen Abständen erreichen.
Damit Sie nicht den gleichen Fehler machen, wie viele andere, erklären wir Ihnen nun, wie Sie durch das Lesen der AGB beim Online-Dating Zeit, Geld und Nerven sparen.
1. Singlebörsen mit Fakes anhand der AGB erkennen!
Wenn Sie sich bei einer Singlebörse anmelden, um Mitglied zu werden und loszuflirten, kommt immer ein Vertrag zwischen Ihnen und der Singlebörse zustande, in dem für beide Seiten die Rechte und Pflichten geregelt werden. Dabei ist es irrelevant, ob die Singlebörse ihre Dienste kostenlos anbietet oder eine Gebühr verlangt.
Die Einzelheiten dieses Vertrages sind in den AGB geregelt, denen Sie im Zuge der Anmeldung zustimmen müssen. Einige Singlebörsen räumen sich darin unverschämte Rechte ein - in der Hoffnung, dass die meisten Singles das Kleingedruckte nicht durchlesen oder nicht wirklich verstehen.
Übrigens ... in unseren Singlebörsen-Tests finden Sie ausnahmslos Anbieter, deren AGB wir geprüft haben!
Einige Singlebörsen verdienen ihr Geld damit, dass sich die Mitglieder aktiv zum Kauf von Premiumleistungen animieren lassen. Um den Umsatz kräftig anzukurbeln, werden eine Handvoll Studenten oder Hausfrauen engagiert, die rund um die Uhr von der Zentrale aus unter anderem Namen "normale" Mitglieder angraben.
Um deswegen nicht rechtlich belangt werden zu können, schreiben diese Anbieter ihr Vorgehen direkt irgendwo ins Kleingedruckte ihrer AGB:
Klartext: Wenn Sie bei einer solchen Singlebörse jemanden kennenlernen, wissen Sie nicht, ob es sich um eine echte Person oder um ein Fake handelt, das vom "Leistungsanbieter" nur gespielt wird. Da spenden Sie Ihr Geld lieber einem S.O.S.-Kinderdorf!
Ein noch schöneres Beispiel für Animateure, deren Einsatz in den AGB verankert ist:
Vor allem wenn Sie auf einem Flirt-Portal direkt nach Ihrer Anmeldung von heissen Frauen direkt aus Ihrer Umgebung angeschrieben werden, sollten Sie aufmerksam und vorsichtig werden. Mit welchen Methoden Fake-Accounts arbeiten und wie Sie gefakte Profile erkennen, haben wir Ihnen in dem separaten Ratgeber "Fake Profile erkennen und meiden" erklärt.
Die besten Singlebörsen mit sicheren AGB:
2. Abo & automatische Verlängerung der Mitgliedschaft
Seit dem Jahr 2005 geistern einige besonders kluge Geschäftemacher durchs Netz, die ihre Dienste auf den ersten Blick völlig kostenlos anbieten, z.B. die "Wie lange leben Sie noch"-Berechnung, die "Was bedeutet mein Vorname"-Datenbank und eben auch ein paar ominöse Pseudo-Singlebörsen.
Mitmachen kann teuer werden, auch wenn es heisst: "Ein Monat kostenlos!", denn im Kleingedruckten will man Ihnen ein verstecktes Abo aufdrücken:
Durch Betätigung des Button "Jetzt Flirten" beauftrage ich xyz.de, mich für den Zugang zur xyz.de-Datenbank freizuschalten. Der einmalige Preis für einen 24-Monats-Zugang zu unserer Datenbank beträgt CHF 9.95 pro Monat, der im Voraus abgebucht wird. Der erste Monat wird nicht in Rechnung gestellt."
Klartext: Schon morgen sind Sie um 23 x 9.95 = CHF 228.85 ärmer. Das mit der IP-Adresse dient Ihrer Einschüchterung. Die Jungs haben einen Anwalt, der knallhart die Forderungen eintreibt.
Aber: Gerichte werteten sowas in der Vergangenheit als sogenannte "ungültige Überraschungsklauseln". Falls Sie betroffen sein sollten, schreiben Sie einfach: "Ich zahle keinen Franken und sehe einer gerichtlichen Auseinandersetzung sehr gelassen entgegen."
Im Juli 2015 trat das sogenannte "Button-Lösung"-Gesetz in der Schweiz in Kraft, mit dem Internet-Abofallen endlich der Vergangenheit angehören. Neben einem klar beschrifteten "Jetzt kostenpflichtig bestellen!"-Knopf muss genau aufgeschlüsselt werden, wie die Kosten aussehen. Das heisst im Klartext, es muss an dieser Stelle aufgeführt sein, wie hoch die Gesamtkosten sind, die Sie bei nicht fristgerecht erfolgter Kündigung zu erwarten haben.
2.1 Verlängerung Ihres Singlebörsen-Abos
Was passiert eigentlich, wenn Sie z.B. für CHF 40.00 drei Monate lang Mitglied bei einer Singlebörse waren und Ihre Mitgliedschaft ausläuft?
Eine faire Singlebörse schreibt Sie ein bis zwei Wochen vorher per E-Mail an und fragt, ob Sie verlängern möchten oder nicht. Wenn Sie nicht reagieren, gilt Ihre Mitgliedschaft als gekündigt.
Mittlerweile hat es sich in der Branche aber durchgesetzt, dass sich die Mitgliedschaft automatisch verlängert, wenn Sie nicht rechtzeitig irgendwo auf einen "Kündigen"-Knopf drücken oder Ihre Kündigung schriftlich einreichen. Diese Anbieter hoffen darauf, dass viele Mitglieder diese Kündigungsfrist gar nicht kennen oder sie vergessen. Dann kann nämlich noch einmal kassiert werden:
Offizielle Begründung: Das ist das natürlichste der Welt, wie bei einem Zeitungsabo oder einer Versicherung, die läuft ja auch solange weiter, bis Sie kündigen oder tot umfallen.
Doch bei den Schweizer Konsumentenschützern regt sich Widerstand und es scheint als könnte es bald eine entsprechende Regelung für die Schweiz geben: Der Nationalrat entscheidet 2019 darüber, ob Kunden rechtzeitig informiert werden müssen, wenn sich ihr Vertrag verlängert. Das Thema bleibt also spannend!
Konsumentenschützer sind sich jedoch in einem Punkt einig: Wann der Kunde eine automatische Vertragsverlängerung akzeptieren muss, kann nicht pauschal ermittelt werden. Es zählt immer der Einzelfall. Aber: Wenn in den AGB kein Hinweis auf eine automatische Verlängerung des Vertrages auffindbar ist, ist der Kunde nicht verpflichtet, die Verlängerung zu akzeptieren.
Die momentan beste Lösung für Sie: Schicken Sie einfach 2 Minuten nach Ihrer "Buchung" Ihre "Kündigung" zum nächsten Termin hinterher, dann vergessen Sie es nicht.
Zahlen Sie lieber mit der Bank-Lastschrift statt mit der Kreditkarte! Denn dann können Sie mit einem Anruf bei Ihrer Hausbank stornieren lassen, wenn man Ihre Kündigung "übersieht". Dann liegt es bei dem, der Ihr Geld haben will, zu beweisen, dass er Anspruch darauf hat...
3. Ihre persönlichen Daten
Singlebörsen wissen naturgemäss eine ganze Menge über Sie, z.B. Ihre E-Mail-Adresse, Ihr Alter, Ihren Bildungsstand, evtl. Ihre Hobbys oder gar Ihr Einkommen. Ein vertrauensvoller Umgang mit diesen Daten ist eigentlich selbstverständlich und teilweise auch gesetzlich vorgeschrieben.
Zwar scheint es neuerdings in Mode zu kommen, so genannte Sex Selfies, also intime Bilder von sich mit/ohne Partner in sozialen Netzwerken der Öffentlichkeit zu präsentieren, aber wenn das dann unfreiwillig und ohne das Wissen der Akteure geschieht, ist das schon wieder eine andere Nummer.
Deshalb lohnt sich besonders auf einigen Flirt- und Sexkontaktportalen ein Blick in die AGB - hier entdeckt man dann mitunter Passagen wie diese:
Bis vor einigen Jahren war das grösste Problem, dass Singlebörsen persönliche Daten gezielt an die Werbeindustrie verkauft haben.
Durch die schärfere Bestrafung von "Spam" haben wir in letzter Zeit nur noch sehr wenige Singlebörsen gefunden, die gezielt persönliche Daten weitergeben. Dennoch halten sich einige in ihren AGB ein Hintertürchen offen, wie auch dieses zweite Beispiel zeigt:
Klartext: Diese beiden Singlebörsen genehmigen sich, Ihr Foto in der Werbung zu verwenden. Sie schlagen dann eines Tages die Zeitung auf oder schalten den Fernseher an und sehen Ihr Foto mit dem Untertitel: "flirtcowboy99 ist bei uns auf der Suche!"
Auf die Reaktion Ihrer Freunde sind wir gespannt...
3.1 Datenschutz bei Dating-Apps
Vor allem viele Dating-Apps scheinen den Schutz ihrer Nutzerdaten nicht ernstzunehmen. So fand ein norwegisches Forschungsinstitut 2018 heraus, dass die weltweit beliebteste App für Schwule - Grindr - u.a. den HIV-Status und die Standortangabe seiner Nutzer an Analyseunternehmen weitergibt. Und zwar so, dass diese Informationen ganz klar Nutzerprofilen zugeordnet werden konnte.
Erst nach Veröffentlichung der Forschungsergebnisse versicherte Grindr, dass die Datenweitergabe in dieser Form nicht mehr stattfinden wird. Dem Thema Sicherheitsrisiken bei Dating-Apps haben wir einen ganzen Ratgeber gewidmet.
4. Ihr Recht als Schweizer auf Widerruf bei Dating Portalen
Leider ist das Schweizer Recht bei Online-Käufen nicht so verbraucherfreundlich wie z.B. in der europäischen Union. Schweizern wird in der Regel kein Widerrufsrecht zugestanden. Online-Händler bzw. Singlebörsen-Anbieter können jedoch in ihren AGB das Recht auf Widerruf einräumen.
Sie sind nicht automatisch auf einer Schweizer Webseite unterwegs, bloss weil diese die Endung .ch hat. Erkennen können Sie im Impressum, wo sich ein Unternehmenssitz befindet.
Bietet eine Singlebörse ein Widerrufsrecht in den AGB an, muss das Vorgehen zwingend erforderlich erklärt werden. Das beinhaltet u.a. Rücktrittsfristen oder formale Modalitäten des Widerrufs.
4.1 Ist Wertersatz Abzocke?
Ja, es ist ärgerlich, wenn Singlebörsen auf Wertersatz pochen, wenn Singlebörsen-User das eingeräumte Widerrufsrecht nutzen. Zumal viele Nutzer aus den Wolken fallen, wenn sie Wertersatzforderungen erhalten. Die wenigsten informieren sich VOR dem Anschluss einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft über solche Punkte in den AGB.
Die Lesernachrichten, die wir zu diesem Thema erhalten, sind meist gespickt mit wüsten Beschimpfungen gegen die Betreiber der Partnerbörsen. Doch nüchtern betrachtet, ist der Wertersatz ein gutes und nachhaltiges Instrument, um Fake-Profile und Scammer von Portalen für die ernsthafte Partnersuche fernzuhalten. Betrüger sowie Leute, die nur mal bei z.B. Elitepartner eingucken und ihren Marktwert rausfinden wollen, schreckt die Aussicht auf finanzielle Forderungen seitens der Singlebörse ab.
Klar gesagt: Ohne Wertersatz sind ehrliche Singles viel häufiger und intensiver Spam und Scamming ausgesetzt.
5. Abenteuerliche Kündigungsbedingungen
Ein heisses Eisen in der Online-Dating-Praxis ist die Abo-Kündigung. Die Anmeldung bei einer Singlebörse ist simpel und komplett online. Eins, zwei, drei Klicks und fertig. Aber beim Kündigen werden Ihnen gerne Steine in den Weg gelegt - in der Hoffnung, dass x% der Kunden genervt sind und einfach weiterbezahlen...
Hier ein etwas übertriebener Klassiker:
Die Löschung Ihres Profils erfolgt im Zuge Ihrer Kündigung automatisch und schlägt wider aller Datenschutzgesetze mit CHF 100.00 zzgl. MwSt. zu Buche. Mit Ihrer Kündigung geben Sie uns zudem die offizielle Bestätigung, dass Sie über unsere Webseite Ihren neuen Ehepartner getroffen haben. Das brauchen wir für unsere neue Pressemitteilung. Ende der Durchsage."
Ganz ähnlich gab's diesen Fall übrigens wirklich mal in der Praxis...
Besonders schön ist dieses Beispiel ebenfalls: Auf der "Kündigen"-Seite eines Datingportals gab es mal einen grossen grünen "Weiter"-Knopf und einen sehr kleinen grauen mit "Cancel". In der Hoffnung, die Kündigung abzuschliessen, klickten natürlich alle auf das grüne "Weiter" - was allerdings als "Ach, Sie wollen doch weiter bei uns bleiben" gewertet wurde. Die nächste Abbuchung folgte dann natürlich wenig später...
5.1 Abo-Kündigung nur in Schriftform möglich
Einige Anbieter verankern in ihren AGB, dass die Kündigung eines kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaftsabos nur postalisch und mit eigener Unterschrift zu erfolgen habe.
Falls das Schreiben dann ein wenig zu spät auf den Postweg gegeben wird und vielleicht gerade ein allgemeiner Streik der Postgewerkschaft ausgerufen wurde, hat der User halt Pech gehabt und die Kündigung wird nicht akzeptiert… Ob dies rechtens ist, darüber wird seit Jahren gestritten.
5.2 Online Kündigung wird salonfähig
Schriftlich online kündigen kann man zum Beispiel über ein Formular direkt auf der Webseite des Anbieters oder per E-Mail. Allerdings sollten Sie immer im Vorfeld checken, wie die Kündigungsmodalitäten in den AGB dargestellt werden! Die Schriftform, d.h. eine Kündigung mit eigenhändiger Unterschrift, wie sie manche Anbieter in ihren AGB einfordern, ist oft nicht mehr nötig.
Bei der Kündigung per Online-Formular oder per E-Mail sollten Sie folgende Punkte beachten:
Kündigen Sie aus Beweisgründen am besten per Einschreiben und lassen Sie sich die Kündigung bestätigen. Falls der Anbieter Ihre Kündigung nicht akzeptiert, liegt es an einem Gericht die Gültigkeit der Kündigung zu überprüfen. Es liegt an Ihnen als Verbraucher nachzuweisen, dass die Kündigung fristgerecht erfolgte.
5.3 Probeabo kündigen
Man muss das mal so klar sagen: Unter den Partnervermittlungen gibt es einige, die eine sehr rigide Kündigungspolitik fahren und zur Durchsetzung ihrer Interessen gleich ein Inkassounternehmen auf die Mitglieder ansetzen. Sehr kurz gedacht, finden wir, denn damit macht man sich langfristig betrachtet nicht unbedingt Freunde…
Negative Bekanntschaft haben einige User etwa mit dem Inkassounternehmen der Online-Partnervermittlung Parwise gemacht - hier eine eingesandte Nutzererfahrung:
Wurden Sie getäuscht, können Sie den Vertrag übrigens innert eines Jahres anfechten. Um gut gerüstet zu sein, sollten Sie Screenshots oder Videos der Täuschung anfertigen, um diese zu belegen.
5.4 Worst Case: Betreibung
Erhalten Sie - zu Unrecht - einen Zahlungsbefehl vom Betreibungsamt, haben Sie die Möglichkeit innert zehn Tagen Rechtsvorschlag zu erheben.
Lassen Sie sich nicht einschüchtern von einem Inkasso-Brief eines Schweizers. Reagieren Sie, indem Sie diesen Forderungen mit einem Einschreiben widersprechen. Erläutern Sie ruhig und sachlich, weshalb Sie die Rechnung ablehnen.
Besonders erfreulich für Schweizer: Seit Januar 2019 können sie beim Betreibungsamt beantragen, dass eine Betreibung für Dritte nicht offiziell gemacht wird. Voraussetzung dafür ist, dass der vermeintliche Gläubiger keine Bemühungen anstellt, die Rechtmässigkeit seiner erhobenen Forderung zu beweisen.
6. Fazit des Ratgebers
Wir hoffen, wir konnten ein paar AGB-Fallen für Sie entschärfen. In unseren Testberichten weisen wir auf mögliche Stolperstellen der jeweiligen AGB hin.
Ganz generell muss man aber sagen, dass es auch viele Datingportale gibt, die äusserst kundenfreundlich und kulant auftreten.
Unser Ratgeber ersetzt keine juristische Hilfe und wurde nach besten Wissen und Gewissen verfasst. Sollte sich die Rechtslage in der Schweiz ändern, werden wir unseren Ratgeber natürlich ergänzen bzw. überarbeiten. Stand: Frühjahr 2019
Sollten Sie weiterführende Fragen haben oder Unterstützung benötigen, können Sie sich in der Schweiz z.B. an folgende Unternehmungen wenden:
Letztlich gilt beim Online-Dating ebenso wie bei "normalen" Verträgen: Lesen Sie sich die AGB durch und checken Sie diese auf Fallen, bevor Sie auf den Bestell-Button klicken. Dann sind Sie im Prinzip auf der sicheren Seite.
Die besten Singlebörsen mit sicheren AGB:
Daniel Baltzer Daniel beobachtet seit 2005 die Online-Dating-Szene in der Schweiz und gilt in den Medien als führender Experte zum Thema "AGB lesen". |
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